Zwei Wochen vor dem Schiff, das wir übernehmen wollten, kam eines
der anderen Schiffe einige Tage früher, als geplant und hatte kurz zuvor eine
Ladung Weinfässer geraubt. Die Wachen auf der Insel beknieten Rinanda förmlich,
einige Fässer für ein allgemeines Besäufnis freizugeben.
Schließlich ließ sie sich erweichen, befahl aber, alle
Sklaven in den Hütten einzuschließen. Außerdem ließ sie die Wachen Strohhalme
ziehen und einer musste nüchtern bleiben und uns bewachen.
Wir entschieden uns, die Gelegenheit trotzdem zu nutzen. Und
wir sollten noch mehr Glück haben: am Abend des großen Besäufnisses, ließ
Rinanda mich zu sich rufen.
Auf dem Weg zu ihrer Hütte sah ich mich unauffällig um. Das
Besäufnis war im Gange und die Wache, die den Kürzeren gezogen hatte, stand auf
dem Platz vor den Hütten und behielt die Türen genau im Auge. Ich nickte dem
Kerl zu und klopfte an Rinandas Tür.
Sie hatte schon ein paar Becher Wein getrunken, ihr Atem
stank nach dem billigen Gesöff. Ihrem Verlangen tat das wenig Abbruch, aber sie
war früher erschöpft als sonst. Während sie bisher immer darauf geachtet hatte,
mich rauszuschmeißen, bevor sie einschlief, haute sie der Wein diesmal früher
um und als sie mit mir fertig war, winkte sie müde Richtung Tür. Ich tat, als
wollte ich die Hütte verlassen, hielt aber an der Tür inne und sah mich
vorsichtig um. Sie schlief bereits tief und fest.
Ich nahm vorsichtig einen Säbel aus der Tonne und näherte
mich dem Bett. Ich weiß nicht, was passiert ist, wahrscheinlich habe ich einen
Moment zu lange gezögert. Als ich mit erhobenem Säbel neben ihr stand, schlug
Rinanda plötzlich die Augen auf. Wieder zögerte ich einen Moment zu lange, sie
holte Luft und wollte schreien. Gleichzeitig hieb ich ihr mit dem Säbel ins
Gesicht. Der Schrei wurde zu einem Lauten Wimmern. Ich wußte mir nicht anders
zu helfen, als ihr das Strohkissen ins Gesicht zu drücken und mich mit aller
Kraft darauf zu lehnen, bis sie sich nicht mehr rührte.
Schwer atmend lehnte ich am Bett. Aber ich hatte keine Zeit
zum Ausruhen. Die Wache draußen musste den Kampf gehört haben. Schnell lief ich
durch den vorderen Raum und postierte mich neben der Tür. Kaum angekommen hörte
ich draußen Schritte. Tatsächlich öffnete sich kurz danach die Tür und die
Wache spähte vorsichtig in den Raum. Diesmal war ich vorsichtiger und wartete,
bis ich den Gegner gut sehen konnte. Ein gezielter Stich in den Hals und dann
musste ich die Wache auffangen, damit es kein lautes Gepolter gab als sie
zusammensackte.
Schnell befreite ich die anderen aus den Hütten und wir
holten uns die restlichen Waffen aus Rinandas Hütte. Das Saufgelage war weit
genug vorangeschritten, so daß wir auf keinen nennenswerten Widerstand trafen.
Wir stellten sicher, daß niemand mehr an Bord des Schiffes war und standen dann
alle zusammen am Strand und sahen uns an, wir konnten kaum glauben, daß wir es
geschafft hatten: wir waren frei…