Mittwoch, 3. Juli 2019

Sivar I


golden. Augenblick
---------------------


Trocken und heiß steht die Sonne über den Feldern Elitawanas, als der Ansturm der Drachenlosen langsam unausweichliche Zukunft wird. Augenblicke sind es nur noch, die uns davon trennen. Ihre Präsenz fast schon greifbar in der Luft. Wie ein schwaches Abbild des letzten Jahres ist es nur, als Niloufar und ich uns ansehen. Wir beide. niemand sonst. Kein Heilerkreis. Keine Krieger. nur wir.

Dann fällt ein Schatten, weit genug für uns beide, und ich finde ein Lächeln. und mein Gleichgewicht. Mein Blick trifft den Siwars, und die Welt hat einen Ankerpunkt. Ein Berg von einem Mann, nannte ihn Thebastus einst. Ein Felsen – sagen alle meine Sinne. Ein Felsen im Ansturm der Feinde. Ein Felsen, fest und stark und unzerstörbar, im Wirbel der Geschehnisse dieser Welt. Ein Ruhepunkt, wohin immer er geht. Als würde er mir stets seinen ganz eigenen Moment mitbringen, der mich innehalten lässt. Wie grad jetzt.

Er nickt uns zu, sieht mich dann an. Ich wechsele einen Blick mit Niloufar. mehr braucht es nicht. "Wir würden mit dir ziehen. als Heiler." er nickt lächelnd, findet dann eigene Worte. "Ich wollte nocheinmal mit dir reden. vor der Schlacht." ich nicke ebenfalls. Für Siwar habe ich immer Zeit. "worüber?" Er zögert einen winzigen Moment. "nichts spezielles…" ich blinzele. Leute, die ohne Anliegen zu mir kommen, sind so selten, dass es mich fast schon irritiert. Dann aber erinnere ich mich, dass die Zeit, die uns in dieser Welt bleibt, selten viel länger ist, als unbedingt notwendig. Ist die Schlacht geschlagen, zum einen oder anderen Ende, reißt es uns fort. und ein Funken Freude glimmt in mir. Über das, was aus der Zeit gewachsen ist. Aus so wenig Zeit. und so wenigen Worten. Aus Schmerz und Stolz, aus Erleichterung und Wut, auf all das, was wir hier anrichten.

ich nicke also noch einmal und finde doch selbst keine Worte für den Moment. dann aber fällt mir auf, was ich schon seit einer Weile in der Hand halte. und ich ahne, was mich dazu gebracht hat. Um meine Hand ist ein goldenes Lederband geschlungen, an dem eine winzige Flasche hängt. Fest verkorkt enthält sie eine einzelne, nahezu filigrane Feder. Ich hebe die Hand und halte die geöffnete Handfläche Siwar entgegen. Fragend schaut er erst die Feder, dann mich an.

"Dies…" Erinnerung lässt mich lächeln. "…ist eine Argylenfeder." die Worte machen ihm genausowenig Sinn wie mir, als ich sie das erste Mal hörte. Mein stilles Lächeln aber wird offener, menschlich fast, als ich ihm andeute, sie zu nehmen. "Die sterbliche Form des Grauen hat sie mir gegeben." Jetzt lächelt auch er. Jahrzehnte mit Thebastus hat er schließlich verbracht. Wo goldener und grauer Weg miteinander verwoben ihr beider Schicksal fand. Vorsichtig nimmt er sie mir ab, windet das Lederband – viel zu kurz für seinen Nacken – um eine der Ketten, die er trägt. Emotionen, die ich nicht ganz beschreiben kann, stehen in seinen Augen.

Dann erhebt sich das Dunkel. Schlachtensang liegt urplötzlich in der Luft und des Roten Schwingen breiten sich am Himmel über uns aus, als die ersten Reihen der Drachenlosen die unseren treffen. ich finde noch Zeit für einen einzelnen Satz.

"Sie bringt Glück."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen