Mittwoch, 7. August 2019

Sivar V


golden. Klingentanz.
Meine Hand hält ein Schwert. warum, das weiß ich selbst gerade nicht ganz wirklich. aber ich spüre das unebene Leder in den Handflächen. fühle die ungewohnte Schwere der Klinge. ich sehe kaum, wer vor, wer neben mir steht, höre nur des Krieges Lied, überall um mich herum. die Welt ist ein verschwommenes Farbenspiel nur. verworren, doch harmonisch auf unserer Seite. geordneter, wütender und so unglaublich dissonant auf der anderen.
Die Klinge scheint eher noch als ich zu wissen, wo der Feind ist. und schwingt, in meinen Händen doch, wenn er zu nah kommt. ich tanze nicht durch diese Schlacht, wie ich es sonst tue, wenn ich mit dem Schwert statt dem Wort in den Krieg ziehe. zielstrebig diesmal, ohne wirklich zu sehen. in den Feind, ohne zu zögern, ohne Bewußtsein für die Gefahr. und doch soviel bewußter, soviel ruhiger….langsamer fast. als würde diese Klinge in meinen Händen mich führen an diesem Tag. und ich lasse sie. keine Wut in mir, kein Zorn, der mein Handeln bestimmt. nur das Wissen, dass diese Klinge diese Schlacht hätte sehen sollen, und dass ich es möglich mache. Ruhe. in jedem Augenblick. in jedem Schritt. in jedem Hieb der Klinge. in jedem Schrei eines Drachenlosen. in ihrem Blut, das ich doch kaum bemerke.
Hin und wieder tanzt ein Funken Bewußtsein in mir, wenn ich jene treffe, die ich lange schon kenne. gut genug kenne. wenn ihr Blick den meinen sucht. und so wenig nur findet. trotz dem Fehlen der Maske, die mir Begleiter wurde in den Schlachten Elitawanas. und ein Funken Trotz in meinem kaum merklichen Lächeln, wenn ihr Blick die Klinge trifft, die ich trage. und doch nur so wenigen von ihnen klar wird, was falsch ist, an dem Bild, das sie dort sehen.
Keine Worte finde ich in dieser Schlacht. ich, die doch niemals wortlos kämpft. Keine Worte in mir. Nicht für die Drachenlosen. nicht für die unseren. nicht einmal für mich selbst. Nur die Klinge, die mich führt. und die Ruhe, heiß und trocken, niemals eisig, die mich trägt. die keinen Gedanken zulässt, als den nächsten Schritt, den nächsten Hieb und den Halt meiner Hände um den Griff der viel zu langen Klinge.
Der Klinge, die mich mehr führt als ich sie. Keine Freude am Kampf an diesem Tag. Nur das Wissen, dass jemand tun sollte, was ich tue. Warum? das weiß ich nicht. und es kümmert mich nicht. so ungewohnt diese Klinge meiner Hand ist, so unbeholfen ich vermutlich damit bin, alles in mir weiß, dass dies ist, was ich tun will. tun sollte.
also tue ich es.
und erst als des Roten Schwingen leichter werden um uns, als es still wird auf dem Feld, tasten erste Gefühle sich zurück in mein Sein. Die Schwere der Klinge. Das Brennen in meinen Augen, meiner Kehle. Erschöpfung, die immer deutlicher nach mir greift.
Dann sind die Drachenlosen fort. und noch immer ohne nachzudenken, finde ich den Weg zurück. An den Rand der Wiese. Dort bei den Zelten.
Noch immer schweigend knie ich nieder, sehe zum ersten Mal das Blut, das frisch nun von der Klinge rinnt. spüre nun endlich wieder das schmerzhafte Ziehen der doch kaum verheilten Pfeilwunde in meiner Seite. Ich zwinge meine Finger, verkrampft und unwillig, vom Griff des Schwertes. und wieder brennen Tränen, stiller aber als zuvor, in meinen Augen, als ich die Klinge wieder ihm gebe, der sie doch nicht mehr führen vermochte.
Erste Worte finde ich, heiser und brennend in der staubtrockenen Kehle, als ich mein eigenes Schwert, die kurze, so vertraute Klinge vom Boden neben Siwar aufnehme.
"Sie hat die Schlacht gesehen, cyfaill, die sie doch hätte kennen sollen."
dann bricht mir die Stimme. und das Schweigen hat mich wieder.

Mittwoch, 31. Juli 2019

Sivar IV


golden. Morgenlicht.
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Ich bin kein Heiler. aber selbst mir sagt die Wunde unter meinen Fingern, dass Nadel und Faden es hier nicht tun werden. Niloufar sieht mich an, die Hand in der Heilertasche. Ich schüttele nur verzweifelt den Kopf. soviel Zeit haben wir nicht.

Mein Blick trifft wieder den Siwars, dessen Augen sich fast schon wieder schließen. Handeln. Jetzt. "Vertrau mir!" ein Flehen mehr als eine Bitte. und doch findet sie noch einen winzigen Funken Antwort in seinen Augen.

Ich atme tief ein – mehr Vorbereitungszeit habe ich diesmal nicht -, greife mit der von den eigenen Wunden noch blutigen Hand tief in die Wunde in seiner Seite, spüre sein Blut über das meine rinnen und lasse los. Lasse alles los. Mit Worten, Stoßgebeten, laut und leise und ungesagt, lasse ich alle Kraft los, die ich noch habe, all meinen Willen zu leben, die helle Flamme meines Glaubens. Für ihn. den Felsen im Ansturm unserer Feinde. für ihn, den Helden meines Wegen. Für ihn…….der mir Freund wurde. so unerwartet. der mir vertraut.

Und urplötzlich kann ich spüren, wie meine Kraft ihn trifft. erahne, wie unter dem Blut Haut zu Haut findet. Wie nicht länger sein Leben mit jedem Herzschlag aus ihm herausrinnt. Kann des Goldenen Schwingen um uns beide spüren. der uns zusammen hält. der möglich macht, was ich gebe.

und als das, was ich gebe, das, was er ist, umarmt, ist es plötzlich, als würden wir uns ansehen. und die Worte, die seine Kehle nur noch flüstern kann, hallen wie ein Echo in der Kraft zwischen uns. "es ist gut…" er öffnet noch einmal langsam, viel zu langsam die Augen. und die Ruhe, die ich darin sehe, droht mich zu zerbrechen. in diesem Moment, den ich nicht wahrhaben will, muss ich vor mir selbst zugeben, was ich doch schon seit vor der Schlacht ahne. und es ist ein Messer in meiner Seele. mein Protest ist mehr ein Wimmern denn verständliche Worte. und ich flehe den Goldenen, den Drachensang an. Federleicht spüre ich Siwars Lied im Sturm meiner Kraft. "ich kann ihn rufen hören…" und er, der soviel mehr ist, als ich es jemals zu sein vermag, lehrt mich noch in diesem Augenblick, wohin der Weg führt. und ich folge ihm.

Das leise Echo seines Liedes klingt neben dem meinen jetzt. und ich verstehe. verstehe, was ich tun muss. was ich tun will. Tränen verschleiern meine Sicht. aber ich stille den Fluss meiner Kraft. "vertrau mir…" ein Flüstern kaum, und doch spüre ich, wie er, der mir doch schon entgleitet, innehält. und in diesem Atemzug schenke ich ihm, was wir ihm längst hätten geben sollen.

Ich finde Worte für ihn. Worte, die dort, wo der Goldene uns in diesem Moment zusammenhält, zu Bildern werden. Ich schenke ihm Erinnerungen, an das, was sein wird. Kraft für den Weg, der jetzt vor ihm liegt. und so flüstere ich, die Stimme heiser vor Tränen, von den Wäldern und Berghängen, von den Dörfern und Küsten der Insel, die zu seiner Zeit Osarien hieß. und ihrer Schönheit. von der Stille des leeren Schlachtfeldes unter dem Sommermond. vom Schatten eines Tores, stark und fest gegen den Feind. und vom Sonnenaufgang, der das Gold des Banners über dem Tor zum Leuchten bringt.

als die ersten Sonnenstrahlen durch das Bild, das nur wir beide sehen, fallen, findet sein letzter Atemzug ein Lächeln.

und meine Trauer bricht sich Bahn.

Mittwoch, 17. Juli 2019

Sivar III

golden. überall.
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Längst ist der Schmerz in der Seite nicht vergangen, auch wenn der Pfeil meinen Körper unlängst wieder verlassen hat.

Zuviele Hände hatten mich durch die Reihen gezerrt. Hatten nicht verstanden, was passiert. Niloufar schließlich findet Leanna, die mich fängt, als ich vor ihr ins Gras sinke.

Geübte Heilerhände entfernen den Pfeil, kippen aus mir völlig unverständlichen Gründen Wasser über meine Seite. Als ich das nächste mal versuche, aufzustehen, gibt Leanna nach. wirft das Heilermesser zur Seite und zieht mich in ihre Arme. Ich spüre ihr Zittern, höre den tiefen Atemzug, den sie nimmt. Ihre Worte jedoch sind nicht das rote Feuer, der Tatendrang, der Schlachtensang, den ich erwartet hatte. Mit ihren Worten blüht mein eigener Weg in mir, spüre ich zum ersten Mal das, was ich anderen bin. Mein eigener Glaube erhebt sich, findet Schwingen, goldene Schwingen und Willen. und Kraft. Wie Sonnenlicht. Wie Wüstenwind. Es ist nicht alles, aber es ist genug. Genug, um stehen zu können. Genug, um laufen zu können. Genug, um diesen standhaften, mutigen, wahnsinnigen Helden meines Weges suchen zu können. Ich suche Worte für meine Dankbarkeit, meinen Stolz auf sie, bin aber nicht einmal sicher, ob ich nicht stattdessen nur Unsinnslaute herausbringe. Leanna nickt nur, Erschöpfung auch in ihren Augen, und schiebt mich in Richtung der Schlacht.

Als ich vorwärts gehe, folgt mir Niloufar auf dem Fuße und ich habe weder Kraft noch Willen genug, ihr zu sagen, sie solle doch bleiben. helfen. heilen. sicher, hier am Rande der Schlacht. Für Worte reicht es immer noch nicht, aber ich greife nach ihrer Hand und sie versteht, dass ich nicht nocheinmal zulassen werde, dass die Schlacht uns trennt.

Dann laufen wir. zwischen allen Linien. suchend, immer suchend. wen ich kenne, den frage ich nach Siwar. doch die, die mich überhaupt hören können, schütteln nur den Kopf. weiter und weiter. Mein Blick wandert über Schlachtfeldrand und Schildwall. über die verschiedenen Truppen des Feindes. und dazwischen. ich ziehe nicht einmal die Waffe. wozu auch. ich halte ja nicht einmal lang genug still, um einen Schlag zu führen oder abzuwehren. Meine Seite brennt noch immer, aber mit keinem Worte, keiner Geste werde ich es erwähnen. es ist nicht wichtig.

Dann endlich. Dort. Hinter all den Kriegern. ihren und unseren. am fernen Rand der Schlacht, kurz vor den Zelten sehen wir ihn. am Boden. der direkte Weg dorthin führt allerdings durch eine Armee drachenloser Roter. die uns, und unsere Schlachtreihen immer weiter fort drängen. ich fluche wie lange schon nicht mehr. Niloufars Hand in meiner erinnert mich allerdings daran, dass ein gewagter Vorstoß im vollen Lauf auch kein valider Plan ist. und so lassen wir uns drängen. treiben mit den Schlachtreihen, nutzen jeden Schritt, jede Lücke, jeden Meter, der uns der anderen Seite näher bringt. ein Ziel nur hatten wir als die Schlacht begann. und ein Meer aus Drachenlosen versucht uns nun daran zu hindern. ein Knurren steigt in meine Kehle, aber nicht der Rote ist es, noch der Grüne, der meine Schritte hier leitet. nicht Jäger noch Krieger an diesem Tag. Hüter nur. eines einzelnen Lebens.

und dann ist der Weg frei. so frei wie er in einer Schlacht eben sein kann. und unser ausweichender Tanz wird zum gradlinigen Lauf. So kurz ist die Strecke eigentlich, so schnell sind wir dort.

Siwar liegt am Boden, Blut tränkt Mantel und Hemd. die stolze Klinge in der Hand. wir sinken neben ihm zu Boden. Niloufar öffnet die Heilertasche, mein Blick zählt die viel zu vielen Wunden unter dem Blut. die Fingerspitzen meiner Hand suchen nach den fühlbaren Zeichen von Atem und Leben in ihm,

und als meine Finger das Blut an seinem Hals berühren, zuckt er. als ich die tiefe Wunde dort finde, öffnet Siwar die Augen. und sieht mich an.

Donnerstag, 11. Juli 2019

Sivar II


golden. Schlachtensang.
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Kaum drei Schritte weit sind wir gekommen, da brodeln die Schlachtreihen auch schon um uns herum. Feinde aus allen Richtungen zersprengen die Schildreihen, die wir bilden. Siwar aber findet immer einen Weg. Im Gegensatz zu mir reicht er aber auch weit über die Reihen unserer Streiter. Wo ich normalerweise jede Lücke im Getümmel auszunutzen weiß und in ständig wechselnder Richtung durch die Reihen schlüpfe, geht er einfach hindurch. In seiner ihm eigenen Ruhe. Mein Blick gilt ihm und Niloufar gleichermaßen. Könnten doch beide nicht unterschiedlicher sein. Wo er vor mir die Ruhe selbst ist, tanzt Niloufars Blick in alle Richtungen, wirkt sie noch graziler als sonst, hier zwischen all den Kriegern.

Was auch immer geschieht, ihr Wissen und meines werden dafür sorgen, dass der Held des goldenen Weges diese Schlacht überlebt. Mehr ist nicht wichtig. mehr ist nicht zu tun. und so wehre ich nur ab, was mich treffen würde. so folgen wir Siwar durch die Reihen und die Schlacht. Seine Klinge, ein Zweihänder entsprechender Größe, liegt blank, funkelt im Sonnenlicht. Keine Wolke steht am Himmel. Golden ist die Sonne, die uns fast schon osarische Hitze bringt. Nicht nur der Rote ist heute bei uns, so scheint es.

Als mir klar wird, wohin unser Weg geht, rufe ich nach vorn. Als Siwar unsere Schlachtreihe hinter sich lässt, rufe ich lauter. Ein Blick über die Schulter, einen Wimpernschlag der Ablenkung, den ich zulasse, zeigt mir, wie Niloufar zögernd, zweifelnd, aber dennoch soviel mehr Verstand als ich zeigend, in unseren Reihen bleibt. Dann sehe ich wieder Siwar, spüre das Moor, dass das Lied der Drachenlosen um mich herum ist. Die doch Abstand halten. Meine Stimme schafft es kaum über den Schlachtenlärm, will den Mann vor mir allein durch Worte zurückholen. und weiß doch, er hat schon andere Schlachten geschlagen, sie alle überlebt. wissend, was er tut. golden und grau. jede Tat abgewogen.

Auf den Schilden vor uns leuchtet das Gold, das ihr Zeichen trägt. Schwert und Waage. das eine das andere zerbrechend. Es kommt mir nicht einmal in den Sinn, dass es völlig wahnwitzig ist, dass ich noch am Leben bin. Ich weiß nur, dass das, was da vor mir geschieht, alles andere, als eine gute Idee ist.

Ich hebe noch einmal die Stimme. Keine Worte als sein Name. und die verzweifelte Hoffnung, dass er mich hört. Wie ein Felsen, unbeirrbar. Mutig, jenseits von Verstand. In diesem Moment sehe ich, was der Goldene stets in ihm sah. und bewundere ihn genauso sehr für das, was er tut, wie ich es doch verhindern will. Die Drachenlosen des goldenen Weges bemerken uns. bemerken ihn. Stolz und Verzweifelung sind wie Flammen und Sturm in mir. und ich versuche es noch einmal. und die wenigen Silben seines Namens ersterben auf meinen Lippen als ein Pfeil – tief aus den feindlichen Reihen, weit, weit hinter den Ungerechten – sich in meine Seite bohrt. Mich zurückwirft, wenn auch nicht zu Boden. zurück bis fast an die eigenen Reihen. Den Pfeil in der Seite umklammernd reiße ich den Kopf hoch. Suche durch die Schmerzensschleier vor meinen Augen nach Siwar.

Doch das letzte, was ich sehe, bevor mich jemand zurück zerrt, sich die eigenen Reihen vor mir schließen, ist das Funkeln Siwars blanker, strahlender Klinge, die in entschlossener Herausforderung auf den Obersten Goldenen zeigt.

Mittwoch, 3. Juli 2019

Sivar I


golden. Augenblick
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Trocken und heiß steht die Sonne über den Feldern Elitawanas, als der Ansturm der Drachenlosen langsam unausweichliche Zukunft wird. Augenblicke sind es nur noch, die uns davon trennen. Ihre Präsenz fast schon greifbar in der Luft. Wie ein schwaches Abbild des letzten Jahres ist es nur, als Niloufar und ich uns ansehen. Wir beide. niemand sonst. Kein Heilerkreis. Keine Krieger. nur wir.

Dann fällt ein Schatten, weit genug für uns beide, und ich finde ein Lächeln. und mein Gleichgewicht. Mein Blick trifft den Siwars, und die Welt hat einen Ankerpunkt. Ein Berg von einem Mann, nannte ihn Thebastus einst. Ein Felsen – sagen alle meine Sinne. Ein Felsen im Ansturm der Feinde. Ein Felsen, fest und stark und unzerstörbar, im Wirbel der Geschehnisse dieser Welt. Ein Ruhepunkt, wohin immer er geht. Als würde er mir stets seinen ganz eigenen Moment mitbringen, der mich innehalten lässt. Wie grad jetzt.

Er nickt uns zu, sieht mich dann an. Ich wechsele einen Blick mit Niloufar. mehr braucht es nicht. "Wir würden mit dir ziehen. als Heiler." er nickt lächelnd, findet dann eigene Worte. "Ich wollte nocheinmal mit dir reden. vor der Schlacht." ich nicke ebenfalls. Für Siwar habe ich immer Zeit. "worüber?" Er zögert einen winzigen Moment. "nichts spezielles…" ich blinzele. Leute, die ohne Anliegen zu mir kommen, sind so selten, dass es mich fast schon irritiert. Dann aber erinnere ich mich, dass die Zeit, die uns in dieser Welt bleibt, selten viel länger ist, als unbedingt notwendig. Ist die Schlacht geschlagen, zum einen oder anderen Ende, reißt es uns fort. und ein Funken Freude glimmt in mir. Über das, was aus der Zeit gewachsen ist. Aus so wenig Zeit. und so wenigen Worten. Aus Schmerz und Stolz, aus Erleichterung und Wut, auf all das, was wir hier anrichten.

ich nicke also noch einmal und finde doch selbst keine Worte für den Moment. dann aber fällt mir auf, was ich schon seit einer Weile in der Hand halte. und ich ahne, was mich dazu gebracht hat. Um meine Hand ist ein goldenes Lederband geschlungen, an dem eine winzige Flasche hängt. Fest verkorkt enthält sie eine einzelne, nahezu filigrane Feder. Ich hebe die Hand und halte die geöffnete Handfläche Siwar entgegen. Fragend schaut er erst die Feder, dann mich an.

"Dies…" Erinnerung lässt mich lächeln. "…ist eine Argylenfeder." die Worte machen ihm genausowenig Sinn wie mir, als ich sie das erste Mal hörte. Mein stilles Lächeln aber wird offener, menschlich fast, als ich ihm andeute, sie zu nehmen. "Die sterbliche Form des Grauen hat sie mir gegeben." Jetzt lächelt auch er. Jahrzehnte mit Thebastus hat er schließlich verbracht. Wo goldener und grauer Weg miteinander verwoben ihr beider Schicksal fand. Vorsichtig nimmt er sie mir ab, windet das Lederband – viel zu kurz für seinen Nacken – um eine der Ketten, die er trägt. Emotionen, die ich nicht ganz beschreiben kann, stehen in seinen Augen.

Dann erhebt sich das Dunkel. Schlachtensang liegt urplötzlich in der Luft und des Roten Schwingen breiten sich am Himmel über uns aus, als die ersten Reihen der Drachenlosen die unseren treffen. ich finde noch Zeit für einen einzelnen Satz.

"Sie bringt Glück."

Sonntag, 30. Juni 2019

Zwischenspiel


Mit Asleif stockt es momentan ein Wenig. Ich hatte zwar vorgeschrieben, aber habe mich selber mit den Postings eingeholt.

Darum folgt in den nächsten Wochen ein Zwischenspiel über meine erste NSC-Rolle, nämlich Sivar Lichtklinge, den Helden des Goldenen Drachen. Diesen Char habe ich auf den letzten 4 Zeit der Legenden gespielt.

Ich bin eher durch Zufall an die Rolle gekommen, weil kurz vor dem ersten ZDL auf dem der Held zusammen mit Helden der anderen Drachen auftauchen sollte, der vorgesehene Darsteller ausgefallen ist.

Entsprechend kurz war die Vorbereitung. Den Hintergrund habe ich mehrmals gelesen, aber ich habe ein bekannt schlechtes Gedächtnis für Details. Und obwohl ich seit 2010 bis auf einmal jedes Jahr beim Drachenfest war, habe ich sehr wenig Hintergrundwissen über die Legenden der Drachen.
Trotzdem hat mir dieser Charakter tatsächlich die bislang emotionalsten Spielmomente beschert.

Beispielweise hatten die Spieler an einem Punkt die Gelegenheit mit den eigentlich von einem bösen Hexer kontrollierten Helden frei zu sprechen. Dabei teilten mir Spieler mit, daß meine Familie nach einem vermeintlich von mir begangenen Verrat in Sicherheit gebracht werden und weiter unbehelligt leben konnte. So trocken dies jetzt geschrieben klingt, in diesem Moment habe ich heiße Tränen um die Hintergrundfiguren eines erdachten Charakters vergossen.

Vielleicht erhalte noch Erlaubnis und Gelegenheit, das Leben von Sivar hier im Blog darzustellen. Ab kommender Woche erscheint hier nun erstmal ein vierteiliger Einschub über den zweiten (diesmal endgültigen?) Tod von Sivar Lichtklinge, geschrieben aus Charaktersicht von Gwaew'lim, dem Charakter von Aki.

Das ist so sicherlich erstmal aus dem Zusammenhang gerissen, für alle, die nicht das ZDL bespielen, aber ich fand Akis Texte so schön, daß ich sie gefragt habe, ob ich sie als Gastbeiträge hier in meinem Blog veröffentlichen darf. Dankenswerterweise hat sie eingewilligt.

Also ab kommendem Mittwoch: Sivar…

Donnerstag, 13. Juni 2019

Asleif XII


Nicht zuletzt durch das auffällig am Strand platzierte Schiff wurde man in Skilla auf uns aufmerksam. So einige hatten scheinbar ein Hühnchen mit El Barrakuda zu rupfen und wollten sich uns anschließen.

Wir hatten schnell viel mehr Interessenten, als Platz auf unserem Schiff war. So nahmen wir uns vor, das nächste Schiff möglichst ohne Schäden zu übernehmen.

Das gelang uns auch und damit war der Grundstein gelegt. Wir nannten das Schiff ebenfalls Schwarzer Kalmaar mit diversen Tarnnamen und besetzten es mit uns treuen Leuten. Im Gegenzug mussten die sich verpflichten, einen Anteil abzuliefern und alle Karten und Unterlagen zu El Barrakudas Organisation. Auch mussten sie bereit sein, jederzeit mit uns zusammen ein Ziel anzulaufen.

Das machten wir noch ein paar Mal und schließlich fuhren 5 Schiffe in der Schwarzen Kalmaar-Flotte und eine kleine Lorcha, ein Segler für 10 Mann, lag in Skilla auch bereit.

In dieser Zeit verloren wir leider auch Trom. Bei einem Gefecht waren wir zu unvorsichtig und ließen es zu, daß ein paar Gegner sogar auf unser Schiff kamen. Wir hatten sie zwar schnell im Griff, aber bei diesem Scharmützel hatte es den Kulko erwischt. Nachdem wir die Gegner ausgeschaltet und Trom ein anständiges Seemannsbegräbnis gegeben hatten, standen wir alle bei einem Rum zusammen und nachdem die Geschichten über Trom auserzählt waren, kam die Frage auf, wer nun Kulko sein sollte.

Ich mache es kurz: diesmal wählten sie mich. Es war ein komisches Gefühl, erstmals auf dem Achterkastell zu stehen und Befehle zu geben statt zu erhalten. Imja und Tynda unterstützen mich, wo sie konnten.

Wir sammelten immer mehr Informationen und unser auffälliges Interesse an El Barrakuda sprach sich immer weiter herum. Zur besten Zeit hingen von Imja, Tynda und mir Steckbriefe aus, die Belohnungen von 100 Goldstücken auf unsere Ergreifung und Auslieferung an El Hammur auslobten. Wir hatten sie wie Trophäen in unserem Hauptquartier ausgehängt.

Auf der anderen Seite erhielten wir von Gegnern von El Hammur durchaus auch Unterstützung, zum Beispiel einen Kaperbrief von Amani Harun, der Herrscherin des Harunreichs, einem kleinen Königreich, das sich in Konkurrenz zu El Hammur befand, aber ohne Sklaverei auskam.

Wir hatten schließlich durch die erbeuteten Karten und Schiffslogbücher genug Informationen, um das Hauptquartier von El Barrakuda ausfindig machen zu können. Das Schlitzohr residierte quasi vor aller Augen auf einer Festungsinsel in den Mangrovensümpfen vor El Hammur.

Mit einer kleinen Gruppe und der Lorcha machten wir eine Erkundungsfahrt in das Gebiet. Die Insel war hervorragend gesichert, ihr kleiner Hafen lag in einer Wehranlage, die Einfahrt von zwei Geschütztürmen mit schweren Rotzen geschützt. Wenn hier feindliche Schiffe auftauchten, hätten sie kaum eine Chance.

Wir umrundeten die Insel, die andere Seite war nicht durch Mauern geschützt aber zwischen dem Strand und El Barrakudas Hauptquartier lag eine hohe Bergkette. Soweit wir sehen konnten, könnten geübte Kletterer diese an einer Stelle überwinden und direkt in einen der Türme eindringen, wenn die Besatzung abgelenkt war.

Unser Plan nahm Gestalt an. Eine Gruppe mit den besten Kletterern würde mit der Lorcha am Strand anlanden und den Turm einnehmen. Die Türme würde das schlechteste unserer Schiffe mit einer Rumpfbesatzung ablenken. Die restlichen Schiffe würden außer Sicht warten, bis die Türme unter Kontrolle waren und dann den Hafen stürmen…

Mittwoch, 5. Juni 2019

Asleiv XI

So segelten wir los. Es war ein herrliches Gefühl, wieder auf See zu sein. Den Umgang mit dem ungewohnten Segelschiff lernte ich schnell, hatte ich doch sehr gute Lehrmeister.

Wer sich jetzt fragt, wieso ich so schnell über den Verlust des gesamten Clans und meines eigenen Vaters hinweggekommen bin, dem sei gesagt, daß ich durchaus in gewisser Weise um sie alle getrauert habe. Aber bei uns Donnoriern herrscht der Glaube an Hvalgud vor und Hvalgud holt, insbesondere von der See, die mutigsten und stärksten Donnorier zu sich. Ich vermisste natürlich die Freunde und meinen Vater, die Trauer fühlte ich jedoch hauptsächlich darüber, daß ich offensichtlich noch nicht wert war, zu Hvalgud gerufen zu werden. Nicht, daß wir eine Todessehnsucht haben, aber wenn jemand so offensichtlich ausgespart wird, macht man sich Gedanken.

Aber fürs Erste war ich froh, wieder auf See zu sein. Wir hatten uns aus den Plänen von El Barrakuda ein Schiff ausgesucht, was etwas kleiner als unser Eigenes war, in der Hoffnung, daß die Mannschaftsstärke unsere nicht überstieg.

Als der Gegner in Sicht kam luden wir die Aale und die Rotze und machten uns kampfbereit. Wir hielten direkt auf ihn zu und kamen längsseits. Alle Aale waren auf einer Seite des Schiffes angebracht und bestrichen das Deck des Gegners mit Bolzen. Mit unserer Rotze schossen wir einen Stein, der mit Absicht hoch angesetzt war und hauptsächlich die Reling des Gegners durchschlagen sollte, um Schrapnell über das Deck zu jagen. Wir wollten das Schiff selber nicht beschädigen, sondern wenn möglich übernehmen.

An Deck landeten wir einige Treffer, aber der gegnerische Kapitän war gewitzt und behielt seine Leute gut unter Kontrolle. Er nutzte seine erhöhte Position, um zu sehen, was wir auf unserem Schiff taten und gab seinen Leuten entsprechende Befehle. So konnten wir nicht ganz so viele Leute an Deck ausschalten, wie wir es gerne gehabt hätten.

Durch unseren Angriff lagen die beiden Schiffe Bug an Heck, an unserem Bug hatten wir einen Schützen stehen und auch Imja stand vorne. Der Schütze hatte aber anscheinend ein Problem mit seiner Armbrust. Er konnte nicht schnell genug nachladen, um den gegnerischen Kapitän auszuschalten.

Ich stand am Steuer und starrte abwechselnd zu unserem Schützen und dem gegnerischen Achterkastell. Imja stand mit den Händen an der Reling und schaute konzentriert auf das andere Achterkastell. Plötzlich hob sie die Hände und schien irgendetwas zu rufen. Ich konnte über den Kampflärm nicht hören, was sie sagte. Aber plötzlich schien sich ein Teil des gegnerischen Kastells in Luft aufzulösen. Teile der Reling, der Bordwand und anscheinend auch des Bodens waren verschwunden. Jetzt wurde mir klar, warum ich bei Imja öfter eine Gänsehaut bekam. Sie war eine Fingerfuchtlerin.

Ihr beeindruckendes Kunststück hatte den gegnerischen Kapitän ins Straucheln gebracht. Er fiel durch den fehlenden Boden in die darunterliegende Kajüte. Danach brach Chaos an Deck aus, ohne Führung waren die Gegner leicht überwältigt.

Das Schiff hatte keine Sklaven an Bord aber den Laderaum voll von Handelswaren. Wir hatten nur wenige aus der Besatzung am Leben gelassen. Die paar, die übrig waren, wurden in ein Beiboot gesetzt und in die Niederhöllen gejagt.

Wir segelten mit unserer Beute nach Skilla zurück. Die Waren konnte Imja gut verkaufen, so daß ich meinen ersten Beutel voll Dukaten als Anteil erhielt. Der hielt nicht lange vor. Das Schiff war, nicht zuletzt durch Imjas Fuchtelei, zu schwer beschädigt und konnte nicht repariert werden. Das störte uns wenig, wir legten das Schiff außerhalb der Stadt auf den Strand und machten unser Hauptquartier daraus…

Mittwoch, 22. Mai 2019

Asleif X


Skilla war genauso, wie Trom es uns beschrieben hatte. Ein dreckiges, lautes, stinkendes, verruchtes kleines Nest voll von Halsabschneidern, Huren, Piraten, Seefahrern und Abenteurern. Mit anderen Worten, genau unsere Stadt. Alle, die hier waren, hatten einen wichtigen Punkt gemeinsam: sie hielten die Freiheit hoch und hauten den Pestbeulen aus El Hammur auf die Fresse, wo es ging.

Es gab alles, was man brauchen konnte, Händler, Kneipen, sogar eine Schiffswerft. Unter der Oberfläche war Skilla eine funktionierende Stadt. Es gab einen Gouverneur, aber niemand wußte, wer ihn eingesetzt hatte. Der Magistrat bestand aus Händlern, die keine Scheu hatten, sich die Hände schmutzig zu machen und die nicht zu genau nachfragten, woher das Handelsgut stammte, was man ihnen anbot.

Unser Schiff, die La Perla, war im Hafen bekannt und demnach auch ihr Eigner. Das konnten wir am hämischen Grinsen des Hafenmeisters ablesen, bei dem wir die Liegegebühr entrichteten. Ich fragte trotzdem nach. Und in der Tat kannte er El Barrakuda. Er meinte, es hätte keinen falschen getroffen.
Imja kümmerte sich mit Tynda um den Verkauf der Waren, Tronde und ich sahen die Papiere und Logbücher durch und der Rest kümmerte sich um das Schiff.

Als Imja und Tynda wiederkamen, hatten sie einen Plan für unsere Finanzen entwickelt. Da wir weiterhin El Barrakuda um seine Waren bringen wollten und diese regelmäßig verkaufen würden, wollten wir uns ein Polster an Geld aufbauen. Von den Erlösen würde das Schiff ausgerüstet und verproviantiert werden, vom Rest würde ein Viertel aufgespart und der Rest davon würde gemäß den Anteilen auf die Mannschaft verteilt. Kurz gesagt erhielt der Kapitän, der bei den Südmeerpiraten Kulko genannt wurde, vier Anteile, die Offiziere drei, Ämter wie Zimmermann und Bordarzt zwei und die Mannschaft einen Anteil. Von dem aufgesparten Geld würden Reparaturen am Schiff und Entschädigungen für Verletzungen gezahlt werden.

Aus dem Logbuch konnten wir die Route der Perla entnehmen und daraus auf weitere Inseln schließen. Anscheinend hatte El Barrakuda ein Netzwerk von Inseln, die Waren für ihn produzierten. Eine ganze Flotte von Schiffen musste unterwegs sein, um alles einzusammeln. Wir konnten für den Moment weder sehen, wo er die Waren verkaufte, noch wo er selber sein Hauptquartier hatte.
Wir würden die Inseln beobachten und zunächst Schiffe von El Barrakuda angreifen, um mehr Material zu sammeln. Der angenehme Nebeneffekt war, daß wir weitere Handelswaren abgreifen würden. Imja hatte gute Kontakte in der Stadt zu verschiedenen Händlern aufgebaut.

Fürs Erste würden wir auf dem Schiff bleiben, wenn wir in Skilla waren, aber eine bequemere Unterkunft würden wir uns schnellstens suchen. In der Zwischenzeit würden wir auf jeden Fall in der Stadt verlauten lassen, daß wir Leute suchten, die sich uns anschließen wollten.

Trom hatte noch eine gute Idee, was den Namen des Schiffs anging. „La Perla“ war bekannt, wie wir an der Reaktion des Hafenmeisters gesehen hatten. Trotzdem würden wir den Namen nicht überpinseln, sondern eine Tafel mit unserem Namen „Schwarzer Kalmar“ anfertigen und darüber hängen. Wo wir schon dabei waren, würden wir noch ein paar Tafeln mit weiteren Namen herstellen und uns auch ein paar mehr Jollys besorgen.

Man konnte nie wissen, wann man eine gute Tarnung brauchte…

Mittwoch, 15. Mai 2019

Asleif IX

Wieder einmal stand der harte Kern unserer Unternehmung am Strand. Trom, Imja, Tynda und ich schauten auf unsere Beute, zwei Schiffe, während hinter uns die anderen den Sieg feierten.

Trom meinte, wir sollten so schnell wie möglich, spätestens am übernächsten Tag von hier verschwinden und mit beiden Schiffen nach Skilla fahren. Imja stimmte dem zu und meinte, wir sollten all denen, die nicht mit uns weitermachen wollten, einfach den Schnapper geben und ihres Weges ziehen lassen.

Ich überlegte und stimmte schließlich zu, wandte jedoch ein, wenn sich unsere Wege ohnehin trennten, warum dann alle nach Skilla mitschleppen. Sollten wir uns doch gleich hier trennen und jede Gruppe mit einem Schiff abfahren. Auf diesen Weg einigten wir uns schließlich.

Aber Tynda hatte noch eine andere Frage, nämlich was wir mit den Gefangenen im Bauch der Perla machen wollten. Darüber hatten wir anderen tatsächlich noch nicht nachgedacht. Ich persönlich habe kein Problem damit, jemanden zu töten, der mit der Waffe in der Hand vor mir steht, aber hilflose Gefangene abschlachten? Imja war zwar pragmatischer, aber Trom sah das genauso wie ich und so kamen wir überein, die Gefangenen einfach hier auf er Insel auszusetzen, wenn wir abreisen würden.

Am nächsten Morgen, oder eigentlich eher Mittag, als alle wieder aus dem Feierkoma erwacht waren, riefen wir alle am Strand zusammen und erläuterten unseren Plan. Letztlich wurde es so angenommen, auch wenn einige zuerst gemurrt hatten.

Trom und ich brachten die Gefangenen in eine der Hütten und sperrten sie vorerst dort ein. Wir würden die Tür zum Schluß entriegeln, wenn wir aufbrachen. Tynda und Imja durchsuchten nochmal die Kapitänskajüte des Schnappers, nahmen aber nur die Unterlagen mit, die mit El Barrakuda zu tun hatten. Seekarten hatten wir auf der Perla auch genug und die Wertsachen beanspruchte die andere Gruppe für sich, die erstaunlich schnell einen Kapitän gewählt hatte. Kurz danach brach der Schnapper auf.

Wir anderen beluden die Perla mit Proviant und allen Handelsgütern, die noch auf der Insel waren, befreiten die Gefangenen aus ihrer Hütte und sahen dann auch zu, daß wir wegkamen. Schließlich konnten wir nicht wissen, ob die andere Gruppe nicht irgendwem von uns berichten wollte. Man kann nicht vorsichtig genug sein.

Als wir die Insel hinter uns gelassen hatten, rief uns Trom alle auf dem Mitteldeck zusammen. Er meinte, es sei Zeit, uns einen Kapitän zu wählen, einen Namen zu geben und Regeln festzulegen. Als erstes sollten sich alle der Mannschaft nochmal vorstellen, die das Kapitänsamt beanspruchten. In meinem jugendlichen Übermut stellte ich mich auch in die Mitte und wollte Kapitän werden. Ich mache es kurz: die anderen wählten Trom. Sie wollten einen erfahrenen Mann an der Spitze. Der nahm mich danach bei Seite und sagte, es wäre wirklich besser, wenn ich ein paar Monate oder vielleicht sogar Jahre Erfahrung mehr sammelte. Daher wollte er mich zu seinem ersten Steuermann und damit Stellvertreter machen. Das verkündete er auch gleich der Mannschaft, die das lautstark begrüßte.

Imja wurde Zahlmeisterin und Tynda unsere Bordärztin, auch wenn sie keine wirkliche Ärztin war. Sie hatte uns aber schon auf der Insel einige sehr üble Wunden sehr gut versorgt.
Regeln gaben wir uns nur wenige. Die meisten beschäftigten sich mit der Beuteverteilung und wann der Kapitän die Mannschaft befragen soll über anstehende Entscheidungen.

Einen Namen hatten wir schnell und damit auch einen Jolly. Wir wählten den natürlichen Feind des El Barrakuda: den Schwarzen Kalmar…

Donnerstag, 9. Mai 2019

Asleif VIII

Endlich war der Tag gekommen, an dem das Schiff, was wir ursprünglich angepeilt hatten, ankommen sollte. Unsere erste Beute, das Schiff hieß „Kleiner Schnapper“, hatten wir hinter der Insel versteckt. Aus Rinandas Papieren hatten wir erfahren, daß das nächste Schiff „La Perla“ hieß und hauptsächlich Tabak und Seile übernehmen sollte, Vorräte für die Insel würde sie nur wenige mitführen.

Immerhin war es nützlich, schon einiges zu wissen, was wir nicht nur durch Beobachtungen herausfinden konnten. Die ganze Organisation von El Barrakuda schien sehr genau geplant und dokumentiert zu sein. In Rinandas Hütte fanden wir auch einen ganzen Stapel Briefe, der offensichtlich dem Kapitän der Perla mitgegeben werden sollte. Imja erwies sich hier als sehr hilfreich, sie konnte von uns am besten lesen und hatte auch genug Verstand, um Schlüsse aus dem Inhalt der Briefe zu ziehen.

Pünktlich mit der aufgehenden Sonne kam die Perla in Sicht und hielt auf den Steg zu. Wir achteten darauf, am Strand alles normal aussehen zu lassen. Der Kapitän der Perla und auch Teile der Mannschaft begannen die üblichen Spottrufe mit der vermeintlichen Wachmannschaft auszutauschen und als die Perla vertäut war, lies der Kapitän sofort die Gangway hinunter.

So weit so gut, sie schienen keinen Verdacht zu schöpfen.
Wir warteten, daß die ersten Matrosen die Gangway hinunter und zum Strand kamen. Ich stand bei den Hütten und behielt die Einfahrt der Bucht um Auge. Als dort der Schnapper auftauchte, zog ich den Säbel hervor und gab das Zeichen.

Plötzlich sahen sich die Matrosen, die an Land gekommen waren von bewaffneten Wächtern und Sklaven umringt. Die ersten fielen blutend in den Sand, bevor noch allen klar war, was hier passierte.
Der Kapitän der Perla, der schon halb die Gangway hinuntergekommen war, drehte sich um und rief seinen Leuten auf dem Schiff zu, die Aale klarzumachen. In diesem Moment schlugen aber schon die ersten Bolzen von unserem Aal auf dem Schnapper ein.

Der Strand war schnell wieder unter unserer Kontrolle, aber um die Perla mussten wir hart kämpfen und wir konnten froh sein, Unterstützung von See zu bekommen. Der Schnapper kam längsseits, als wir uns die Gangway hochkämpften und die Leute von dort enterten nun ebenfalls die Perla.
Trom und ich kämpften uns zum Heck durch. Wir hatten geplant, den Kapitän möglichst schnell zu überwältigen. Einerseits, um damit vielleicht die Moral seiner Leute zu brechen und sie zur Aufgabe zu bringen, andererseits damit ihm keine Gelegenheit blieb, eventuell wichtige Unterlagen zu vernichten.

Zu zweit stürmten wir in die Kapitänskajüte, als wir ihn auf dem Achterkastell nicht sahen und tatsächlich stand er an seinem Tisch und durchwühlte hektisch die Papiere darauf.
Trom machte kurzen Prozess mit ihm. Wir nahmen seinen Säbel und gingen damit zurück an Deck. Wie erhofft brachte die Kunde vom Tod ihres Kapitäns die restliche Mannschaft dazu, den Kampf einzustellen. Wir setzten die Überlebenden im Unterdeck gefangen und versprachen ihnen, sie laufenzulassen, wenn sie keinen Widerstand mehr leisten würden. Die verletzten Gegner erlösten wir von ihrem Leid, wir konnten ohnehin nicht alle retten und unsere Leute gingen nun mal vor.
Von den ehemaligen Sklaven hatte einer einen Arm verloren und fünf hatten es nicht geschafft. Wir bestatteten sie am Strand. Der Rest hatte nur die üblichen Blessuren und Schrammen nach einem Kampf davongetragen. Wir hatten es wieder geschafft, nun hatten wir zwei Schiffe…

Donnerstag, 2. Mai 2019

Asleif VII


Jetzt kamen wir an einen ersten kritischen Punkt unserer Gruppe. Ein Teil der Sklaven wollte das eroberte Schiff nehmen, von der Insel verschwinden und einfach irgendwo frei sein.

Imja, Tynda, Trom und mir war jedoch klar, daß das darauf hinauslaufen würde, daß sie das Schiff im nächsten Hafen versaufen und schnell wieder in Ketten liegen würden. Wir kamen schnell überein, daß wir einen nachhaltigeren Plan haben wollten. Wir vier, und noch einige der anderen, wollten Rache an El Barrakuda. Allen war jedoch klar, daß das eine langfristige Angelegenheit war und nicht über Nacht erledigt.

Wir überzeugten die anderen, die einfach nur schnell weg wollten, mit uns auf das Schiff zu warten, was wir eigentlich übernehmen wollten. Danach würden wir alle mit hoffentlich beiden Schiffen nach Skilla segeln und einen Weg finden, die auszuzahlen, die nicht mit uns Rache nehmen wollten.
Skilla war uns von Trom vorgeschlagen worden. Die Stadt wurde von Freibeutern dominiert und lag an der nach ihr benannten Meerenge gegenüber von Kariba.

Letztere war dem schwarzen Bund mit den El Hammurner Pestbeulen beigetreten. So herrschte eine Art wackeliger Waffenstillstand zwischen den beiden Städten. Keiner wollte einen Krieg direkt vor der Haustür, daher ließ man sich gegenseitig in Ruhe, beobachtete die ein- und auslaufenden Schiffe jedoch mit Argusaugen.

Trotzdem beschrieb Trom uns Skilla als idealen Unterschlupf für unser Vorhaben, wir konnten uns dort unter die anderen Freibeuter mischen und uns in Ruhe eine Basis und einen Rückzugsort aufbauen.

Wir konnten die anderen davon überzeugen und begannen, einen Schlachtplan zu entwickeln. Wir wollten das zweite Schiff nutzen, was uns durch Zufall in die Hände gefallen war. Es war mit Aalen und einer Rotze ausgestattet. Die Rotze stand am Bug und konnte sowohl nach backbord als auch nach Steuerbord austeilen. Die Aale waren flexibel und konnten überall an der Reling angebracht werden. Wir teilten eine Besatzung für das Schiff ein und ließen sie das geplante Manöver üben.
Der Rest würde sich zum Teil als Wächter verkleiden und wir würden die erwarteten Handelsgüter am Strand aufstapeln, damit alles normal aussah.

Wir hofften, die Schiffsbesatzung an Land locken zu können und dann am Strand zu bekämpfen. Das zweite Schiff sollte sich hinter der Insel versteckt halten und dann herumsegeln und uns von See aus unterstützen.

Und wer sich wundert, was das für Geschütze sind: ich kannte die auch noch nicht. Aale sind eine Art große Armbrust die halbautomatisch Bolzen verschießt. Rotzen sind Katapult-artige Waffen, die verschiedene Geschosse, Steine (groß oder klein), Tontöpfe mit brennbarem Material, oder verschiedene Kugeln verschießen kann. Beides gab es in verschiedenen Größen von leicht über mit und schwer bis teilweise überschwer. Wobei wohl höchstens schwere Waffen auf Schiffen eingesetzt wurden, die Überschweren Varianten waren für den Kampf an Land gedacht.

Wir hatten nun alles vorbereitet und mehrfach geübt, nun hieß es warten…

Mittwoch, 24. April 2019

Asleif VI


Zwei Wochen vor dem Schiff, das wir übernehmen wollten, kam eines der anderen Schiffe einige Tage früher, als geplant und hatte kurz zuvor eine Ladung Weinfässer geraubt. Die Wachen auf der Insel beknieten Rinanda förmlich, einige Fässer für ein allgemeines Besäufnis freizugeben.

Schließlich ließ sie sich erweichen, befahl aber, alle Sklaven in den Hütten einzuschließen. Außerdem ließ sie die Wachen Strohhalme ziehen und einer musste nüchtern bleiben und uns bewachen.
Wir entschieden uns, die Gelegenheit trotzdem zu nutzen. Und wir sollten noch mehr Glück haben: am Abend des großen Besäufnisses, ließ Rinanda mich zu sich rufen.

Auf dem Weg zu ihrer Hütte sah ich mich unauffällig um. Das Besäufnis war im Gange und die Wache, die den Kürzeren gezogen hatte, stand auf dem Platz vor den Hütten und behielt die Türen genau im Auge. Ich nickte dem Kerl zu und klopfte an Rinandas Tür.

Sie hatte schon ein paar Becher Wein getrunken, ihr Atem stank nach dem billigen Gesöff. Ihrem Verlangen tat das wenig Abbruch, aber sie war früher erschöpft als sonst. Während sie bisher immer darauf geachtet hatte, mich rauszuschmeißen, bevor sie einschlief, haute sie der Wein diesmal früher um und als sie mit mir fertig war, winkte sie müde Richtung Tür. Ich tat, als wollte ich die Hütte verlassen, hielt aber an der Tür inne und sah mich vorsichtig um. Sie schlief bereits tief und fest.

Ich nahm vorsichtig einen Säbel aus der Tonne und näherte mich dem Bett. Ich weiß nicht, was passiert ist, wahrscheinlich habe ich einen Moment zu lange gezögert. Als ich mit erhobenem Säbel neben ihr stand, schlug Rinanda plötzlich die Augen auf. Wieder zögerte ich einen Moment zu lange, sie holte Luft und wollte schreien. Gleichzeitig hieb ich ihr mit dem Säbel ins Gesicht. Der Schrei wurde zu einem Lauten Wimmern. Ich wußte mir nicht anders zu helfen, als ihr das Strohkissen ins Gesicht zu drücken und mich mit aller Kraft darauf zu lehnen, bis sie sich nicht mehr rührte.

Schwer atmend lehnte ich am Bett. Aber ich hatte keine Zeit zum Ausruhen. Die Wache draußen musste den Kampf gehört haben. Schnell lief ich durch den vorderen Raum und postierte mich neben der Tür. Kaum angekommen hörte ich draußen Schritte. Tatsächlich öffnete sich kurz danach die Tür und die Wache spähte vorsichtig in den Raum. Diesmal war ich vorsichtiger und wartete, bis ich den Gegner gut sehen konnte. Ein gezielter Stich in den Hals und dann musste ich die Wache auffangen, damit es kein lautes Gepolter gab als sie zusammensackte.

Schnell befreite ich die anderen aus den Hütten und wir holten uns die restlichen Waffen aus Rinandas Hütte. Das Saufgelage war weit genug vorangeschritten, so daß wir auf keinen nennenswerten Widerstand trafen. Wir stellten sicher, daß niemand mehr an Bord des Schiffes war und standen dann alle zusammen am Strand und sahen uns an, wir konnten kaum glauben, daß wir es geschafft hatten: wir waren frei…

Mittwoch, 17. April 2019

Asleif V

Naja, was soll ich sagen. Ich wußte nun, was Rinanda mit Favoriten machte. Nicht alles davon gefiel mir und es kam durchaus auch die Neunschwänzige zum Einsatz.

Aber das Ganze verschaffte mir auch einen Einblick in ihre Hütte und diese Gelegenheit nutze ich weidlich aus. Zunächst indem ich mal die Augen offen hielt und mir alles genau einprägte. Im vorderen Teil der Hütte standen einige Truhen und ein Schreibtisch voller Papiere, darunter scheinbar auch Karten. Neben der Tür stand ein Fass mit einigen Knüppeln und dem einen oder anderen Säbel.
Im hinteren Teil, hinter einem Vorhang stand ihr Bett, eine Kleidertruhe und an der Wand hing ein Regal mit ihren „Spielzeugen“ für ihre Favoriten. Ich glaube, ich kann von Glück reden, daß sie nicht alle diese Dinge an mir ausprobiert hat.

Irgendwie schaffte ich es wohl, ihr Interesse an mir wachzuhalten, sie ließ mich immer öfter abends holen.

Dazwischen fing unsere Vierergruppe ernsthaft an, darüber nachzudenken, wie wir von der verdammten Insel verschwinden könnten. Bei diesen Gesprächen wurde uns schnell bewußt, daß jeder einzelne von uns nicht nur hier abhauen, sondern sich auch an El Barrakuda rächen wollte. Trom ging es gegen den Strich, daß diese Kanallje wie er sagte, nach Belieben Leute einfangen und versklaven kann. Tynda sah das ähnlich. Ich selbst war hauptsächlich wütend über meine eigene Gefangenschaft, sowas macht niemand ungestraft mit einem Donnorier, bei Hvalgud.

Imja sagte nur, sie hätte auch ein Hühnchen mit dem Kerl zu rupfen, aber was genau ihre Gründe waren, behielt sie für sich und grinste nur leicht, wenn wir sie danach fragten.
Letztlich war es egal, wir alle hatten ein gemeinsames Ziel: zunächst mal hier wegkommen und möglichst alle Gefangenen mitnehmen. Wer sich danach unserem Rachefeldzug anschließen wollte, sollte das tun, wer nicht, sollte gehen.

Schnell wurde uns klar, daß der einzige Weg von der Insel weg die Schiffe waren, die scheinbar regelmäßig hier anlegten. Sie alle führten den Jolly von El Barrakuda, mit der Zeit zählten wir vier verschiedene Schiffe, die abwechseln die Insel anliefen.

Imja schließlich war es, die ein bestimmtes dieser Schiffe für unseren Plan vorschlug. Es war eines der größeren, welches aber immer mit nahezu leerem Frachtraum hier ankam und dann mit Tabak und Seilen beladen wurde. Danach war immer noch massig Platz im Laderaum. Das brachte Imja zu der Annahme, daß das Schiff noch weitere Ladestellen anlaufen und demnach am Sammelpunkt der Waren nicht so schnell vermisst werden würde. Bei Hvalgud, die Kleine hatte wirklich was in der Birne.

Der Ablauf war immer gleich, wenn ein Schiff eintraf: zwei Tage vorher begannen wir, die Waren am Strand aufzustapeln. Wenn das Schiff da war, vergnügte sich die Besatzung mit unseren Wachen im Schatten der Hütten. Nur einer blieb an Bord und überwachte die Stauung und zwei Wachen trieben uns am Strand an.

Da wir nicht gegen die Wachmannschaft und die Schiffsbesatzung gleichzeitig kämpfen wollten, mussten wir die Wachen vorher erledigen.
Dabei kam uns der Zufall zu Hilfe…

Mittwoch, 10. April 2019

Asleif IV

Ein Hinweis: um Copyrightprobleme zu vermeiden, habe ich einige Dinge umbenannt. Die ersten drei Einträge sind entsprechend überarbeitet, ansonsten unverändert.
Und nun weiterhin viel Spaß...


Mir den Namen und den Jolly einprägen, war fürs erste auch alles, was ich mit El Barrakuda machen konnte. Die Aufseher trieben uns Sklaven tagsüber dermaßen an, daß wir abends wenig mehr tun konnten, als ein paar Bissen zu essen, etwas zu trinken und dann in unserer Hütte auf dünnen Bastmatten mehr oder weniger ohnmächtig zusammenbrechen.

Wir mussten auf der Tabakplantage arbeiten und nebenher immer wieder eine furchtbare Schlingpflanze ernten, aus der die Taue hergestellt wurden. Die Schlingen mussten dazu mehrere Tage in einem Wasserbottich eingeweicht und immer wieder durchgeknetet werden. Die Mistdinger gaben dabei irgendeinen Mist in das Wasser ab, der uns die Handflächen verbrannte, so daß die Hände roh, rissig und blutig wurden.

Tage wurden zu Wochen, Wochen zu Monaten. Wir gewöhnten uns tatsächlich an den Ablauf und trotz des miesen Essens kamen wir einigermaßen zu Kräften. Schließlich waren die Aufseher auch nicht blöd, sie hatten nichts davon, uns zu Tode schuften zu lassen, dann würde ja niemand die Drecksarbeit machen.

Ich lernte die Mitgefangenen besser kennen. Die beiden, die auf dem Schiff neben mir gesessen hatten, hießen Trom Adersin und Imja Aljeff. Er stammte irgendwo aus dem Kaiserreich und war schon sein ganzes Leben auf See gewesen, mal als ehrlicher Kauffahrer, mal als Pirat. Imja war rusischer Herkunft und scheinbar vor irgendwas auf der Flucht gewesen. Sie gab sich sehr geheimnisvoll, war zwar nett und meistens fröhlich, hatte aber irgendetwas an sich, daß mir eine Gänsehaut machte, wenn ich mit ihr sprach.

Auf der Insel lernte ich noch mehrere andere kennen, unter anderem Tynda. Trotz unserer Lage war sie immer fröhlich und schien jede Blume und jeden Vogel beim Vornamen zu kennen.

Allmählich wurde es zu einem Ritual, daß wir vier abends in der Hütte zusammensaßen und leise über unsere Lage sprachen und Beobachtungen austauschten. So schien Rinanda, die Rothaarige, die auf der Insel das sagen hatte, immer ein oder zwei Favoriten unter den Sklaven zu haben. Wir sahen abends immer einen in ihrer Hütte verschwinden.

Irgendwann schien einer ihrer Favoriten sie verärgert zu haben. Abends schmiss sie ihn hochkant aus ihrer Hütte. Am nächsten Tag lag er in seinem Blut zwischen den Hütten, den Kopf gespalten. Don Alfonso lief den ganzen Tag grinsend zwischen uns herum.

An diesem Abend kam er auf dem Rückweg zur Hütte auf mich zu und sagte, daß Rinanda mir eine Chance geben würde.

In meiner jugendlichen Dummheit war mir nicht klar, was gemeint war.
Am nächsten Tag kam Don Alfonso wieder auf mich zu. Wenn ich meine Chance nicht wahrnehmen wollte, würde er seine wahrnehmen. Rinanda hätte nicht viel Geduld.

Mit wurde endlich klar, was gemeint war. Und nach dem Essen verließ ich unsere Hütte. Die Wache vor der Tür erkannte mich, nickte fast unmerklich und sah in die andere Richtung.
Ich machte mich auf den Weg zu Rinandas Hütte und klopfte an die Tür…

Mittwoch, 3. April 2019

Asleif III




Im Halbdunkel des Schiffsbauchs verlor ich jedes Zeitgefühl. Ab und zu wurden uns ein paar Brocken trockenes Brot hingeworfen und eine Kelle Wasser hingehalten. Die Wachen waren dabei aber ungeduldig und so musste man schnell sein, um das Wasser trinken zu können, statt es über das Hemd geschüttet zu bekommen.

Die Gefangenen saßen in Reihen zusammengekettet und sahen hauptsächlich den Rücken des Vordermannes und die Personen rechts und links neben sich. Links von mir saß ein älterer Mann mit langem Bart. Rechts eine Frau, deren Alter ich nicht einschätzen konnte. Der Mann schien zur See gefahren zu sein, seine Sprache und seine Stimme zeugten von Jahren auf Decks von Schiffen. Die Frau war klein und drahtig und schien sehr in sich selbst zu ruhen. Ihre wenigen Äußerungen ließen auf eine akademische Ausbildung schließen. Nicht, daß mir das Wort „akademisch“ damals bekannt war, aber ich konnte durchaus erkennen, ob jemand mehr im Köpfchen hatte, als ich blutjunger Schiffsjunge.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörten wir vom Oberdeck die Befehle, die einem wenigsten ansatzweise erfahrenen Seemann anzeigten, daß das Schiff eine Pier anlaufen würde. Tatsächlich spürten wir kurz darauf einen Ruck, wie er durch ein Schiff läuft, wenn ein stümperhafter Kapitän oder Steuermann am Ruder stehen.

Schon kurz danach wurden die Gefangenen losgekettet und an Land getrieben. Das Schiff hatte an einer hölzernen Pier festgemacht, die von einem Sandstrand aus ins Meer lief. Dieser kleine Hafen lag in einer natürlichen Bucht und der Blick hinaus auf das Meer lies mich irgendwie erahnen, daß wir uns auf einer Insel befanden.

Man hieß uns am Strand aufstellen und dann stand eine große, grobschlächtige, rothaarige Frau vor uns und malte uns aus, wie unser Leben von nun an auszusehen habe. Wir seien als Arbeitssklaven auf einer Plantageninsel von El Barrakuda gelandet und seien nun sein Eigentum. Wer ordentlich und fleißig arbeiten würde, würde es gut haben und immer genug zu fressen. Wer nicht schnell genug auf Befehle reagieren würde, würde die Neunschwänzige, dabei zeigte sie auf eine Peitsche an ihrem Gürtel, zu spüren bekommen. Und wer es nicht lernen würde, der würde Bekanntschaft mit Don Alfonso machen. Dabei zeigte sie auf einen Hünen, der neben ihr stand. Bei Hvalgud, der Kerl war riesig. Was der da als Arme hatte, hatten andere als Beine. Er war glatzköpfig aber im Gesicht unrasiert und zeigte, als er fies grinste, gelblich-braun verfärbte Zähne mit einigen Lücken dazwischen. Genüsslich strich er über eine Doppelaxt, die an seinem Gürtel hing.

Dann bekamen wir schon unsere erste Aufgabe: wir sollten Tabakballen und Seilrollen auf das Schiff verladen, was uns hierhergebracht hatte. Als ich mit dem ersten Ballen auf dem Rücken die Gangway hochkletterte, sah ich am Heck eine Fahne wehen, die nicht die goldene Krone von El Hammur zeigte. Beim Verlassen des Schiffs sah ich genauer hin und erkannte das aufgerissen Maul eines Raubfisches in silbern auf rotem Grund. „El Barrakuda“ schoß es mir durch den Kopf. Der Mistkerl hat nicht nur den Namen von einem Raubfisch, sondern hat ihn auch gleich auf seinem Jolly verewigt. Na gut, dachte ich bei mir. Den Namen und den Jolly würde ich mir merken…

Mittwoch, 27. März 2019

Asleif II

Ich sollte nie mehr in das kleine Dorf am Fjord zurückkehren, denn Hvalgud hatte andere Pläne mit mir.

Unsere Fahrt führte ins Südmeer, in die Fänge des Abschaums aus El Hammur. El Hammur, von uns Donnoriern auch gerne die „Pestbeule des Südens“ genannt, war das Zentrum des Sklavenhandels in Eventyra. Für uns als freiheitsliebende Donnorier, war die Sklaverei eines der schlimmsten Verbrechen, daß man einem Mitmenschen antun konnte. Natürlich gab es auch bei uns Thralls, Unfreie. Diese aber standen unter dem besonderen Schutz ihres Herren und hatten immer die Möglichkeit, sich freizukaufen. Dies blieb den armen Seelen, die in El Hammurs Fänge gerieten, verwehrt.

Mein Vater wollte also „den verdammten Pestbeulern mal gehörig in den Arsch treten“ wie er sagte.
Allerdings sollte es nicht dazu kommen, denn kaum im Südmeer angelangt traf uns ein schwerer Sturm. So schwer, wie es selbst die erfahrensten Seeleute unseres Clans noch nicht erlebt hatten. Turmhohe Wellen machten mit unserem Langboot was sie wollten und es kam wie es kommen musste: mit lautem Bersten zerbrach das Boot und sank in Sekundenschnelle. Niemand hatte es von Bord geschafft, außer mir. Und das war mehr Glück, als Verstand.

Als uns die fatale Welle traf, hob sich das Heck plötzlich nach oben und ich wurde im hohen Bogen außenbords geschleudert. Mehrere Meter entfernt vom Boot schlug ich auf das Wasser. Zum Glück hatte mein Vater darauf geachtet, daß ich nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch Schwimmen lernte. So konnte ich mich über Wasser halten und sehen, wie das Boot mit Mann und Maus in Sekunden unter Wasser verschwand.

Ich griff mir ein vorbeitreibendes Stück Holz, auf das ich mich stützen konnte und versuchte, mit den Beinen wassertretend, an der Oberfläche zu bleiben.
Nach Stunden, die mir wie Tage vorkamen, legte sich der Sturm und die See wurde ruhiger. Schließlich kam die Sonne heraus und mit ihr kam der Durst.

Ich weiß nicht, wie lange ich so auf dem Brett gehangen habe, ich war halb bewußtlos, als ich fühlte, wie ich hochgezogen wurde und auf schwarzen Planken landete. Eine Hand hielt mir eine Kelle mit Süßwasser hin, die ich gierig leertrank nur um kurz danach alles wieder auszukotzen.
Eine Stimme befahl, mich in den Schatten unter dem Mast zu legen. Nach einer Weile, kam wieder eine Kelle Süßwasser. Diesmal behielt ich es bei mir und war zum ersten Mal in der Lage mich umzusehen.

Ich war auf einer schwarzen Galeere, mit schwarzen Segeln. Das Wappen auf den Segeln kannte ich nur von Zeichnungen, aber ich wußte, daß die goldene Krone auf schwarz nichts Gutes hieß.

Bevor mir noch richtig klar wurde, daß ich ausgerechnet von einem el hammurischen Sklavenschiff aufgesammelt worden war, fand ich mich schon in Ketten liegend im Bauch des Schiffes wieder…

Mittwoch, 20. März 2019

Asleif I

Wie angekündigt hier das Leben meines ersten und ältesten LARP-Charakters als Fortsetzungsgeschichte. Hier können Informationen enthalten sein, die andere Charaktere IT nicht wissen können. Ich vertraue da auf Eure Fähigkeit zu trennen...

Los geht's:


Ich bin Asleif Eiriksson. Geboren wurde ich in der Nähe von Dremmen in Donnor. Das ist im Norden von Eventyra in der schönsten Gegend dieses Kontinents. Ich weiß nicht mehr, wann genau. Irgendwann im Sommer vor bestimmt inzwischen mehr als 40 Götterläufen.

Mein Vater Eirik „die Faust“ Torgrimson war der Chief unseres Clans. An meine Mutter kann ich mich nicht erinnern, sie starb kurz nach meiner Geburt.

Vom Meer war ich schon immer fasziniert. Unser kleines Dorf lag direkt an der Küste an einem eher kleinen Fjord, so daß man vom Strand aus bis hinaus in den Golf von Dremmen schauen konnte. Ich konnte stundenlang im Sand sitzen, die Wellen beobachten und von dem träumen, was dahinter liegen musste.

Mein Vater zog mich mehrfach an den Ohren in die Halla, damit ich endlich einigermaßen Lesen und Schreiben lernte. Heute weiß ich, daß er sich dabei ein Grinsen verkniffen haben musste, denn in seinen Adern floss genauso Salzwasser, wie in meinen.

Ich fuhr, kaum daß ich sicher auf einem schwankenden Deck stehen konnte, oft mit den Fischern hinaus und half auf den Booten. Als dann wieder die Zeit der großen Fahrten gekommen war, durfte ich endlich mit hinaus auf dem Langboot. Stolz stand ich bei meinem Vater am Heck an der Ruderstange. Keinen Blick warf ich zurück, nur nach vorne, wo das Neue lag.

Dabei war die erste Langbootfahrt eher unspektakulär und dauerte nur wenige Stunden. Sie führte nach Dremmen zu einem Thing. Die Hetmänner und –frauen besprachen die Pläne für den Sommer, welche Gegenden sich für eine Raubfahrt eignen würden, welche Pakte geschlossen waren und wer noch welche Rechnungen offen hatte. Das alles interessierte mich wenig. Ich trieb mich lieber am Hafen herum und lauschte den Seebären und –bärinnen wie sie ihr Seemannsgarn sponnen.

Nicht lange danach kam jedoch auch meine erste große Fahrt mit dem Clan. Ich wusste natürlich nicht, daß es auch die letzte sein sollte, aber diesmal drehte ich mich an der Mündung unseres Fjordes um und warf einen Blick zurück auf unser Dorf, wie es im Morgennebel am Strand lag. Man konnte hauptsächlich die Dächer und die Verzierungen am First der Halla meines Vaters sehen, davor den Wald der Masten der Fischerboote. Dieser Anblick hat sich aus irgendeinem Grund in mein Gehirn gebrannt, ich habe dieses Bild immer noch so deutlich vor Augen, als hätte ich es gestern erst gesehen.


Hierhin sollte ich nie mehr zurückkehren…